Tourismusbarometer SH: Ungebrochene Reiselust trotz angespannter Weltlage | 16.05.2022

Neumünster: Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und der allgemeinen Preis- und Kostensteigerungen ist die Reiselust ungebrochen. Besonders gefragt ist und bleibt das Thema Wasser, egal ob an den Küsten, Seen oder Flüssen. Das belegen die Ergebnisse des aktuellen Sparkassen-Tourismusbarometers, das der Sparkas-sen- und Giroverband für Schleswig-Holstein und der Tourismusverband Schleswig-Holstein heute (16. Mai 2022) gemeinsam in Neumünster präsentierten.

Nach den Zahlen der amtlichen Statistik (Betriebe ab zehn Schlafgelegenheiten) generierte Schleswig-Holstein 2021 insgesamt 32,4 Millionen Übernachtungen. Gegenüber 2019 bedeu-tet dies nur noch ein Minus von 10,0 %. Die Verluste für die Branche in Schleswig-Holstein bewegen sich damit im Vergleich zu den anderen Bundesländern auf einem geringen Niveau. Bundesweit wurde ein Minus von 37,4% verzeichnet. Zurückzuführen sind diese Ergebnisse u.a. auf die Tourismus-Modellregionen, die den Urlaub in Schleswig-Holstein ab April zwar mit strengen Auflagen und Testpflichten, aber zeitlich deutlich vor den anderen Bundesländern möglich machten. Dem schloss sich eine erfolgreiche Sommersaison 2021 an: 11,4 % mehr Übernachtungen zwischen Juli und September 2021 (gegenüber 2019).

„Dass Schleswig-Holstein von den Menschen als Urlaubsland so wertgeschätzt wird, macht einen schon etwas stolz und wir hoffen, dass das so bleibt“, so Oliver Stolz, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig-Holstein. „Der Zuspruch ist für uns aber auch eine große Verpflichtung. Angesichts der Herausforderungen durch Preissteigerungen, Fachkräftemangel und dem Umbau zu einer nachhaltigeren Wirtschaft werden viele Kraftanstrengungen zu tätigen sein. Insbesondere die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter:innen und die (digitale) Infrastruktur stehen dabei im Fokus. Die Sparkassen stehen hier als größte Mittel-standsfinanzierer in Schleswig-Holstein weiter eng an der Seite der Tourismusbetriebe und des Tourismusverbandes“, so Stolz weiter.

Eine der größten Herausforderungen für die Tourismusbranche sieht Stephanie Ladwig, Vor-sitzende des TVSH derzeit im Arbeitskräftemangel. „Es ist erfreulich, dass sich der Tourismus in Schleswig-Holstein so schnell erholt hat. Tourismus kann allerdings nur aufrechterhalten werden, wenn den Betrieben ausreichend Mitarbeitende zur Verfügung stehen. Für über 92 Prozent der Gäste sind qualifizierte und motivierte Mitarbeiter bei der Auswahl und Buchung von Gastronomie-, Beherbergungs- und Freizeitbetrieben wichtig.“ Ladwig weiter: „Die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte sinkt immer weiter. Viele Mitarbeitende haben die Tourismusbranche auch aufgrund der coronabedingten temporären Schließungen und der Unsicherheit in den letzten Jahren verlassen, sodass nun neue Lösungen gefunden werden müssen. Das Sparkassen-Tourismusbarometer zeigt solche Lösungsansätze in den Themenfeldern Mitarbeitersuche, Mitarbeiterbindung und Prozessoptimierung auf. Hierzu zählen zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle, Unterkünfte für Mitarbeitende, New Work und eine werteorientierte Unternehmenskultur.“

Tourismusminister Dr. Bernd Buchholz ergänzt: „Um den vielfältigen Herausforderungen zu begegnen, denen sich die Tourismusbranche gegenübersieht, müssen wir nun an der konsequenten Umsetzung der Tourismusstrategie Schleswig-Holstein 2030 arbeiten. Mit zentralen Handlungsfeldern wie Nachhaltigkeit, Infrastruktur, Tourismusbewusstsein oder Mitarbeitendengewinnung gehen wir die Probleme proaktiv an.“ Weiter sagt Dr. Buchholz: „Wir sind zwar im Vergleich zu den anderen Bundesländern glimpf-lich durch die Coronakrise gekommen, wir dürfen aber nicht nachlassen in unseren Anstren-gungen, den Tourismus wettbewerbsfähig für die Zukunft aufzustellen. Wir müssen mit Qualität, regionalem Charme und bestem Service punkten, sonst haben wir im umkämpften Tou-rismusmarkt bald das Nachsehen. Dabei können wir unsere Stärken gut ausspielen: naturnahe Urlaubsformen und Küste satt, authentische Kulinarik und moderne Beherbergungsbetriebe, ein breites Angebot für Radtouristen und viele kulturelle Perlen im Binnenland.“

Anlass zu vorsichtigem Optimismus geben die Buchungszahlen in vielen Orten und Betrieben, die sich aus dem Modellprojekt Kennzahlen ergeben. Das Übernachtungsvolumen stieg in den ersten vier Monaten des Jahres 2022 um 4,4 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019, die Ankünfte legten um 3,0 % zu. Karsten Heinsohn, stellvertretender Geschäftsführer der dwif-Consulting GmbH, dazu: „Diese Entwicklung ist besonders erfreulich, da gerade im Januar und Februar noch coronabedingte Einschränkungen wirkten."

Auch der Ausblick fällt positiv aus: „Die gebuchten Übernachtungen mit Anreisezeitpunkten in den nächsten Monaten liegen um 2,3 %, die Umsätze aus diesen Buchungen sogar um über 18 % über den Zahlen von 2019. Die Aussichten für den Tourismus in Schleswig-Holstein sind nachfrageseitig somit gut.“

Das Sparkassen-Tourismusbarometer hat dieses Jahr das Sonderthema „Workation“ beleuchtet, welches durch die Digitalisierung erst möglich und durch Corona nochmals verstärkt wurde. Workation bietet viele Vorteile, darunter wirtschaftliche Perspektiven für den Touris-mus oder auch qualitative Entwicklungsimpulse in strukturschwachen ländlichen Räumen. Die Touristiker und Touristikerinnen in Schleswig-Holstein haben ein großes Interesse an dem Thema, dennoch ist das Angebot in Schleswig-Holstein derzeit begrenzt. Um sich die guten Entwicklungsperspektiven zu Nutze zu machen, müssen Anbieter und Akteure im Tourismus noch stärker miteinander vernetzt und das Angebot qualitativ weiterentwickelt werden. Ob Workation ein wichtiges Tourismussegment werden kann, hängt letztlich auch von arbeits-rechtlichen Fragen ab und von der Bereitschaft der Arbeitgeber, remote work auch zukünftig zu unterstützen.

Die Vorsitzende des TVSH: „Kommunen und Tourismusakteure haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie aus eigener Kraft mit viel Engagement, Kreativität und Unterneh-mergeist Herausforderungen bewältigen und Chancen beherzt nutzen. Allerdings ist eine pro-aktive Tourismuspolitik des Landes als Rahmen für kommunales und unternehmerisches Handeln unerlässlich. Dies wünschen wir uns auch von der kommenden Regierung.“

Pressemitteilung Sparkassen-Tourismusbarometer Schleswig-Holstein